Sozium

Durch den perfekten Tiefschnee gleiten

«Dein Atem kristallisiert in der eisigen Luft. Das rhythmische Dröhnen der Rotorblätter ertönt in deinen Ohren. Wenn du noch nie Heliski gefahren bist, kannst du dich glücklich schätzen. Du erlebst, was viele als den besten Tag ihres Lebens bezeichnet haben.» So preist das Unternehmen Selkirk Tangiers das Abenteuer an, auf das ich mich am letzten April­wochenende dieses Jahres begebe. Und entsprechend erwartungsvoll gehe ich die Reise an. Nach einem langen Flug und einer ebensolchen Autofahrt durch die kanadische Winterlandschaft komme ich in Revelstoke an. Die Ortschaft mit circa 7000 Einwohnern liegt zwischen Calgary und Vancouver, mitten in den kanadischen Rocky Mountains und am Columbia River. Revelstoke gilt in Kanada als Hauptstadt des Helikopter-Skifahrens. Hier gibt es einige der beeindruckendsten Gipfel des amerikanischen Kontinents.

Vor 40 Jahren von einem Schweizer gegründet

Im Hotel angekommen, werde ich sogleich aufgefordert, mich der Skiauswahl zu widmen. Am Informationsanlass begegne ich dann erstmals meinen Ski­gefährten. Unsere Gruppe heisst Wolf Pack (ja genau, Wolfsrudel, wie die Gruppe aus der Erfolgskomödie Hangover) und besteht aus acht Personen. Da wären die Cousins Robert James (nur RJ genannt) und James aus Kanada, die Brüder Alexander und Stefan aus Deutschland, die Geschäftspartner Pablo und Oscar aus Spanien sowie Reiseberater Moritz und ich aus der Schweiz. Verantwortlich für uns ist Dave, ein braungebrannter Alpinist mit 15 Jahren Berufserfahrung.

Nach der Begrüssung wird alles Organisatorische geklärt und ein Sicherheitsvideo gezeigt. Dass es sich nicht um eine alltägliche Skitour handelt, erkennen wir beim Abschluss der In­struktion – dem Unterschreiben der Verzichtserklärung. Dabei versichert man, bei einem möglichen Zwischenfall eben auf sämtliche Ansprüche und Klagen zu verzichten.

Beim gemeinsamen Abendessen im Wolfsrudel lernen wir uns etwas besser kennen: Eine bunt gemischte, sympathische Männertruppe, mit der ich nicht nur durch den tiefen Pulverschnee fahren, sondern auch die restliche Zeit der nächsten drei Tage verbringen werde. Es herrscht emsiges Treiben in der Lodge, da am selben Abend auch noch das 40-Jahr-Jubiläum von Selkirk Tangiers gefeiert wird. Gegründet wurde die Firma übrigens vom Schweizer Bergführer Peter Schlunegger. Wir gehen trotzdem früh zu Bett, schliesslich steht uns ein aussergewöhnliches Erlebnis bevor. Um 6.30 Uhr steht bereits ein freiwilliges Stretching auf dem Programm. Freiwillige werden aber vergeblich gesucht.

Vorfreude und Anspannung im Wolfsrudel

Statt Osternester zu verstecken, geht es an diesem frühen Sonntagmorgen nun also los mit dem Nervenkitzel. Ein erster Blick aus dem Fenster trübt die Vorfreude ein klein wenig: Leichter Schneefall und Nebel sowie Wolken verdecken die mächtigen Berge. Auf der kurzen Fahrt zum Helikopter-Landeplatz herrscht eine angespannte Stimmung. Es wird kaum gesprochen, in den Gesichtern erkennt man eher Nervosität denn Begeisterung.

Auf dem Gelände werden wir mit unserer Sicherheitsausrüstung vertraut gemacht. Dazu gehören standardmässig ein Rucksack mit Lawinenverschütteten-Suchgerät (LSV-Gerät), Schaufel, Lawinensonde und ein Funkgerät. Auf Wunsch kann zusätzlich ein Lawinenairbag gemietet werden. Nach einigen Suchübungen und Instruktionen im Falle eines Lawinenniedergangs sagt Dave abschliessend:

«Falls nun jemand noch einen Rückzieher machen möchte, das ist die letzte Gelegenheit.»

Die Gruppe lacht. Dave bemerkt jedoch, dass das durchaus mal vorkomme. Der Helikopter trifft ein, eine Bell 212, und Pilot Curtis fliegt uns in die unendlichen Weiten der kanadischen Rocky Mountains. Im Helikopter ist es erstaunlich laut und ziemlich eng. Aber nach einigen Minuten befinden wir uns bereits inmitten der atemberaubenden Gipfel.

Das Wetter ist nicht besser geworden, doch Dave und Curtis stehen im rund 2000 Quadratkilometer grossen Areal rund um Revelstoke über 300 verzeichnete Abfahrten zur Auswahl. Sie können im Cockpit also spontan entscheiden, welcher Run entsprechend den Wetterkonditionen zu wählen ist. Sogenannte Downdays, also Tage, an denen nicht geflogen wird, sind aufgrund des riesigen Gebiets darum äusserst selten. Das Terrain bietet für das Heliskiing aller Leistungsstufen beste Voraussetzungen. Es ist geprägt von Gletscherhängen und kurvenreichen Waldabfahrten auf 800 bis 3100 Metern Höhe. Eine wahre Powder-Landschaft mit durchschnittlich 18 Metern Schneefall pro Jahr. Die Wintertemperaturen an der Baumgrenze liegen bei minus 7 Grad Celsius und sorgen für einen leichten und trockenen Schnee – dem bei Tiefschneefahrern beliebten Champagne Powder. Natürlich können die Wetterverhältnisse während des Winters stark variieren, aber grundsätzlich startet die Saison im Dezember und dauert bis April.

Pablos Christbaum im Champagne Powder

Abflug des Helis – die Crew ist auf dem Gipfel. (Bild: Alain Sleigher/Selkirk Tangiers)

Nach kurzem Auskundschaften landen wir auf einer tiefverschneiten Anhöhe. Beim Ausstieg fällt einem das Atmen in der eisigen Luft schwer, und der Puls schnellt in die Höhe. Dave erklärt uns die Fahrregeln, und nach einem letzten Check der Ausrüstung fährt er voraus. Wir folgen ihm, einzeln und mit einigem Abstand. Zur Absicherung folgen am Ende noch zwei weitere Skiführer, die regelmässig die Schnee- und Lawinenlage prüfen. Es herrschen aufgrund der aktuellen Niederschläge gute Verhältnisse, aber an den teilweise bis zur Hüfte reichenden Pulverschnee müssen sich einige von uns erst gewöhnen.

Auch die Sichtverhältnisse sind etwas anspruchsvoll. Das führt zu Beginn zu einigen lustigen Szenen, an denen häufig der übermütige Spanier Pablo beteiligt ist. Die kleinen Stürze sind zwar harmlos, doch sie ziehen jeweils längeres Suchen nach Skiern und Skistöcken nach sich. Höhepunkt dabei ist die Bekanntschaft Pablos mit einem kleinen Christbaum, dem er einfach nicht mehr ausweichen kann.

Ein unvergleichliches Glücksgefühl, die ersten Kurven in die langen, jungfräulichen Hänge zu ziehen.

Nach zwei Abfahrten geht es dann schon etwas flüssiger vonstatten. Nun sind vermehrt Jubelschreie zu hören (der beliebteste davon «just amazing»), und bei den Zwischenstopps haben alle ein breites Lächeln im Gesicht, das man kaum mehr los wird. Keine Spuren der Zivilisation, keine Skilifte, einfach nur menschenleere, meterhohe Schneedecken, so weit das Auge reicht. Schlicht ein Traum für jeden Freerider, in diesem weichen, trockenen Schnee zu gleiten.

Picknick im Schnee mit Suppe, Tee und Sandwiches

Spuren einer Heliski-Gruppe an einem jungfräulichen Hang. (Bild: Alain Sleigher/Selkirk Tangiers)

Unten angekommen, wartet jeweils bereits Curtis auf uns. Er fliegt exklusiv für unsere Gruppe und vertreibt sich die Wartezeit im Cockpit seelenruhig mit der Lektüre eines Romans. Nach vier Runs folgt das Mittagessen im Gebirge, denn gefahren wird, solange die Gruppe Lust hat und das Tageslicht ausreicht. Es gibt Suppe, Sandwiches, Tee und Gebäck und ausführliche Berichte über die ersten Fahrerlebnisse. Danach geht’s unmittelbar weiter, bis wir es um 15 Uhr nach acht Abfahrten mit Namen wie Puke, Camels Back oder Silver Broom fürs Erste gut sein lassen. Die Bar in der Lodge bietet Après-Ski mit Snacks und gutem Bier aus der einheimischen Brauerei Mt. Begbie. Es gäbe auch die Möglichkeit, das Gefühl der wohligen Müdigkeit mit einem Gang in die Sauna, in den Whirlpool oder mit einer Massage abzurunden.

Tag zwei unserer Exkursion toppt den ersten nochmals bei weitem. Der Himmel stahlblau, die Sicht perfekt, wir können hoch bis zu den Bergspitzen fliegen. Erst jetzt erahnt man das Ausmass dieses riesigen Areals. Der Blick über die unzähligen Gipfel ist fantastisch. Zudem halten sich die Zwischenfälle in Grenzen, nur wenige Stürze stören unseren Fluss. Unterbrochen wird das Rauf und Runter einzig von der kurzen Mittagspause. Und da wir aufgrund des hervorragenden Wetters von den Gletschern bis tief in die kurvenreichen Wälder gleiten können, resultieren nach zehn Abfahrten fast 10000 gefahrene Höhenmeter.

Schwere Beine und frohes Gelächter

Am dritten und letzten Skitag lässt unsere Ausdauerleistung dann bereits etwas nach. Das Fahren im tiefen Pulverschnee ist kräfteraubend, die Beine langsam übersäuert. Einstimmig beschliessen wir Mitte Nachmittag, das Tiefschneefahren nach 7000 Höhenmetern zu beenden. Beim Après-Ski im Hotel schauen wir uns Videosequenzen an, die Oscar und Pablo in den letzten drei Tagen mit ihrer brandneuen Helmkamera aufgenommen haben. Insbesondere Pablos tollkühne Fahrten und seine aufgezeichneten Kommentare lösen noch einmal Heiterkeit und Gelächter aus. Beim Abschlussessen tauschen wir fleissig Kontaktdaten aus und verabschieden uns herzlich. Nach ein paar Stunden Schlaf werfe ich einen letzten wehmütigen Blick auf das Gebirge rund um Revelstoke. In Erinnerung bleibt ein unvergessliches Abenteuer in einer überwältigenden Berglandschaft am anderen Ende der Welt. Die Heliskiing-Premiere war vielleicht nicht der erwähnte «beste Tag des Lebens», aber nahe dran.

Mitten in den verschneiten Rocky Mountains: Helikopter beim Anflug auf eine Bergspitze im rund 2000 Quadratkilometer grossen Ski-Areal von Revelstoke. (Bild: Alain Sleigher/Selkirk Tangiers)Abflug des Helis – die Crew ist auf dem Gipfel. (Bild: Alain Sleigher/Selkirk Tangiers)Los gehts – ein Skifahrer hinterlässt die ersten Spuren im Schnee. (Bild: Daniel Stewart/Selkirk Tangiers)Spuren einer Heliski-Gruppe an einem jungfräulichen Hang. (Bild: Alain Sleigher/Selkirk Tangiers)Freerider im hüfthohen Pulver. (Bild: Daniel Stewart/Selkirk Tangiers)Snowboarder bei einer der spektakulären Waldabfahrten. (Bild: Daniel Stewart/Selkirk Tangiers)Mittagspause mit atemberaubender Aussicht. (Bild: Alain Sleigher/Selkirk Tangiers)Pilot und Lead Skiguide suchen die geeignete Landestelle. (Bild: Daniel Stewart/Selkirk Tangiers)Eine Heliski-Gruppe ist auf einer tiefverschneiten Anhöhe angekommen. (Bild: Daniel Stewart/Selkirk Tangiers)Das Skigebiet rund um Revelstoke bietet unendlich viel Platz. (Bild: Daniel Stewart/Selkirk Tangiers)Hügelige Abfahrt bis ins tiefe Tal. (Bild: Alain Sleigher/Selkirk Tangiers)Kurvenreiche Abfahrt durch den Wald. (Bild: Alain Sleigher/Selkirk Tangiers)Immer wieder rauf und runter: Helikopter-Landung im hohen Gebirge. (Bild: Alain Sleigher/Selkirk Tangiers)13 Bilder

Durch den perfekten Tiefschnee gleiten

Exklusives Erlebnis im Pulverschnee

Anreise: Travelhouse Snow bietet täglich Flüge von der Schweiz nach Kanada mit verschiedenen Fluggesellschaften zu tagesaktuellen Preisen an. Beispielsweise von Zürich via Toronto nach Calgary und zurück mit Air Canada ab Fr. 1000.– pro Person. Mietwagen ab Calgary (ab Fr. 275.– für 1 Woche); bis nach Revelstoke sind es gut 400 Kilometer (Übernachtung am Flughafen: Hotel Clique Calgary Airport, ab 70 Franken pro Person im Doppelzimmer).
Heliski: Ein 7-tägiges Heliski-Arrangement bei Selkirk Tangiers in Revelstoke ist bei Travelhouse Snow ab Fr. 6040.– pro Person erhältlich. Inklusive 6 Übernachtungen beispielsweise im Coast Hillcrest Hotel im Doppelzimmer mit Vollpension, 6 Tage Heliskiing, Leihskis oder -boards, Heliski-Guides und Sicherheitsausrüstung (auch flexibel als 1- bis 6-Tages-Paket buchbar).
Weitere Infos www.travelhouse.ch/snow.

Dieser Text entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der Travelhouse Snow, ein Unternehmen von Hotelplan Suisse, eingeladen hatte.

Quelle: luzernerzeitung.ch

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