Makroökonomie

«Was jetzt zählt, ist der Kapitalerhalt»

Ein weiterer Stratege verliert den Glauben an einen versöhnlichen Jahresausklang. Er sieht nun auch die Versicherungsaktien im Abwärtsstrudel. – Und: Für die Aktien von AMS heisst es «zurück auf Start».cash Insider

Bild: fotolia.com

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Der Glaube an eine Jahresendrally schwindet. Mächtige Grossinvestoren sind nicht länger für steigende Aktienkurse gerüstet. Das zeigen zumindest Erhebungen der britischen Barclays (siehe Glaube an eine Jahresendrally schwindet vom 7. Dezember).

Selbst Christopher Potts – er ist Chefstratege bei Kepler Cheuvreux – rechnet bestenfalls mit gehaltenen Aktienmärkten. Und das auch bloss, weil viele Grossinvestoren ihre Bücher schon in wenigen Tagen schliessen werden. Bereits im Oktober schrieb Potts, dass er eine Jahresendrally erwarte. Allerdings sah er darin eine letzte Gelegenheit, sich von Aktien zu trennen. Auch in den darauffolgenden Wochen wich er nicht von seiner Prognose eines „letzten Aufbäumens“ ab (siehe «Letzte Gelegenheit naht, sich von Aktien zu trennen» vom 11. Oktober und Stratege rechnet mit «letztem Hurra!» vom 22. November).

Nun krebst der viel beachtete Stratege zurück. Weil sich die Stimmung früher als gedacht eingetrübt habe, sei das „letzte Aufbäumen“ dementsprechend bescheiden ausgefallen, so räumt er ein. Für Potts steht damit fest: Was jetzt zählt, ist der Kapitalerhalt.

Der Dezember brachte dem SPI bisweilen nur Verluste. (Quelle: cash.ch)

Um auf seine Worte Taten folgen zu lassen, stuft der Stratege die Finanzdienstleister von „Neutral“ auf „Underweight“ und die bisweilen von grösseren Kursverlusten verschonten europäischen Versicherungsaktien von „Overweight“ auf „Neutral“ herunter. Im Gegenzug stuft er den als defensiv geltenden Telekommunikationssektor von „Neutral“ auf „Overweight“ herauf.

Rückblickend lag Potts goldrichtig, als er im Frühsommer den heissgelaufenen Luxusgüteraktien seine Liebe kündigte. Seither sind die Valoren von Swatch Group und Richemont um 30 bis 40 Prozent zurückgefallen.

Heissgelaufen scheinen mir die Aktien hiesiger Versicherungsunternehmen wie Zurich Insurance Group, Swiss Life oder Bâloise zwar nicht. Allerdings suchte auch bei ihnen in den letzten Wochen angelsächsisches Kapital taktisch Zuflucht. Wer diese mächtigen Grossinvestoren kennt, der weiss, dass sich dieses Kapital jederzeit wieder auf die Reise machen kann – sollten sich irgendwo günstigere Gelegenheiten eröffnen.

Im Hinblick auf das kommende Jahr setzt man bei Kepler Cheuvreux hierzulande übrigens auf grosskapitalisierte und weitestgehend von der konjunkturellen Entwicklung unabhängige Aktien wie Bâloise, Novartis, Richemont, Schindler, SGS und Sunrise Communications. Ob das reicht, um sich den Kapitalerhalt sichern zu können, wird sich zeigen müssen.

Als die Aktien des Sensorenherstellers AMS noch 100 Franken oder mehr kosteten, pries sie Analyst Robin Brass der Hamburger Privatbank Hauck & Aufhäuser am lautesten zum Kauf an. In der Spitze errechnete er gar ein Kursziel von 215 Franken.

Doch es sollte alles ganz anders kommen: Gestern fiel der Kurs der Papiere vorübergehend auf 21 Franken und damit auf den tiefsten Stand seit Februar 2014. Damals galt AMS noch als Geheimtip unter Fondsmanagern und Analysten.

Man kann Brass wenigstens zugutehalten, dass er die Aktien des Zulieferers so prominenter Grosskunden wie Samsung oder Apple seit Mitte November nicht mehr mit „Buy“, sondern seit einer geradezu spektakulären Kehrtwende mit „Sell“ einstuft (siehe Spektakuläre Kehrwende eines Analysten bei AMS vom 19. November).

Wer sich aufgrund der ursprünglichen Kaufempfehlung bei Kursen von über 100 Franken zum Einstieg verleiten liess, für den dürfte diese Einsicht wohl zu spät kommen.

Kursentwicklung der AMS-Aktien in den vergangenen zwölf Monaten. (Quelle: cash.ch)

Nun legt Brass nach. Nach vorsichtigen Aussagen des chinesischen Apple-Zulieferers Largan zur Absatzentwicklung im November überarbeitet er seine Schätzungen für AMS erneut mit dem dicken Rotstift. Neuerdings lautet das Kursziel für die Papiere des Sensorenherstellers aus Unterpremstätten noch 19,40 (zuvor 23,60) Franken.

Dass das Unternehmen am 5. Februar anlässlich der Jahresberichterstattung mit vorsichtigen Zielvorgaben für die ersten drei Monate aufwartet, gilt schon heute als sicher. Die hohe Abhängigkeit vom Grosskunden Apple – die Rede ist von einem Umsatzbeitrag von 45 Prozent – rächt sich nun. Für viel Geld aufgebaute Produktionskapazitäten liegen erst einmal brach. AMS auf die 3D-Sensorik zu reduzieren, würde dem Sensorenhersteller allerdings nicht gerecht.

So bleibt den nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionären bloss zu wünschen, dass der Analyst von Hauck & Aufhäuser auch diesmal wieder übers Ziel hinausschiesst – wenn auch unter anderen Vorzeichen als noch in den ersten Januar-Wochen.
 

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