Noch hat ein bekannter Aktienstratege den Glauben an eine Jahresendrally nicht verloren. Er sieht darin allerdings eine Gelegenheit, sich von Aktien zu trennen. – Und: Apple-Chef Tim Cook machte rechtzeitig Kasse.cash Insider
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Als Christopher Potts von Kepler Cheuvreux im Januar vor einem Stimmungsumschwung bei den Marktakteuren warnte, war ihm den Hohn vieler seiner Kollegen bei anderen Banken gewiss (siehe «Die Stimmung dürfte spätestens im Februar kippen» vom 9. Januar). Wenig überraschend, schien damals der Himmel über den Aktienmärkten doch schier wolkenlos und die Fonds-Manager strotzten nur so vor Selbstvertrauen (siehe Euphorie unter Fonds-Managern – das Endspiel hat begonnen vom 17. Januar).
Was damals noch niemand ahnte: Nur wenige Tage nach der zweiten Warnung Potts von Mitte Januar sollte der breit gefasste Stoxx Europe 600 Index seinen vorläufigen Höhepunkt durchschreiten.
War das Selbstvertrauen der Fonds-Manager bis vor wenigen Wochen bestenfalls angekratzt, weicht die Hoffnung immer mehr einer tiefgreifenden Verunsicherung. Heute – gut 10 Monaten später und 12 Prozent beim Börsenbarometer tiefer – scheint selbst eine Jahresendrally nicht mehr länger in Stein gemeisselt.
Darauf angesprochen, geben sich viele Strategen zwar weiterhin zuversichtlich. Wahre Überzeugung sucht man allerdings vergeblich (siehe Sechs Vorboten einer drohenden Aktienbaisse vom 9. November oder Zweistellige Kursgewinne bis Ende Jahr? vom 16. November). Unterschwellig ist eine gehörige Portion Ratlosigkeit, wenn nicht gar Verunsicherung zu verspüren.
Für Potts ein Grund mehr, sich einmal mehr weit aus dem Fenster zu lehnen. Zumindest er hat den Glauben an eine Jahresendrally noch nicht verloren und traut den wichtigsten Aktienindizes bis Ende Dezember günstigstenfalls ein Aufwärtspotenzial von bis zu 9 Prozent zu.
Dass der Stratege selbst von einem „letzten Hurra“ spricht, lässt jedoch nichts Gutes erahnen. Die schmerzhaften Kursverluste der vergangenen Wochen seien nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns im kommenden Jahr erwarten werde, so lässt er durchblicken. Deshalb sieht Potts in der Jahresendrally eine allerletzte Gelegenheit, sich für den „langsamen Tod der langjährigen Aktienhausse“ zu rüsten (siehe «Letzte Gelegenheit naht, sich von Aktien zu trennen» vom 11. Oktober).
Der Stoxx Europe 600 Index (rot) im 12-Monats-Vergleich mit dem SPI (grün) (Quelle: www.cash.ch)
In diesem Zusammenhang rät der Stratege schon jetzt zu einer taktischen Barmittelquote von 7 Prozent sowie zu einem substanziellen Übergewicht des Schweizer Aktienmarktes sowie der hierzulande prominent vertretenen Aktien aus der weitestgehend von der Konjunktur unabhängigen Nahrungsmittel- und Gesundheitsindustrie.
Ob eine taktische Barmittelquote von 7 Prozent ausreicht, sollte es im kommenden Jahr tatsächlich hart auf hart kommen, wird sich zeigen müssen. Wenn ich mir die Kurse einiger Schweizer Aktien – unter ihnen auch Standardwerte aus dem Swiss Market Index (SMI) – so anschaue, dann frage ich mich allerdings: Kann es denn überhaupt noch schlimmer kommen…?
Das Geschick einiger Firmenlenker, sich gerade noch rechtzeitig von Aktien des eigenen Arbeitgebers zu trennen, beeindruckt mich immer wieder.
Jüngstes Beispiel ist Tim Cook, Chef des amerikanischen Kultunternehmens Apple. Wie Offenlegungsmeldungen an die Börsenaufsicht SEC entnommen werden kann, trennte er sich zu Kursen zwischen 216 und 218 Dollar von insgesamt 265’000 Aktien im Gesamtwert von fast 58 Millionen Dollar.
Mittlerweile sind die Aktien für weniger als 180 Dollar zu haben. Dem Vernehmen nach verkauft sich die neuste iPhone-Generation schleppend. Die augenfällige Häufung von Umsatz- und Gewinnwarnungen bei führenden Zulieferunternehmen scheint diese Vermutung jedenfalls bestätigen zu wollen (siehe Wer wusste, dass AMS bei den Zielvorgaben einknickt? vom 15. November).
Auch beim einen oder anderen Unternehmen aus der Schweiz bewiesen Verwaltungsräte oder Geschäftsleitungsmitglieder in den letzten Monaten ein feine Nase für die eigene Aktie.
Kursentwicklung der Aktien von Apple seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)
So trennten sich Geschäftsleitungsmitglieder oder exekutive Verwaltungsräte der Genfer Bankensoftwareschmiede Temenos zwischen Ende April und Ende August von Aktien im Gegenwert von nicht weniger als 166 Millionen Franken. Die letzte Transaktion geht in die Zeit unmittelbar vor dem Rekordhoch bei 180 Franken zurück. Zum Vergleich: zuletzt kosteten die Aktien keine 120 Franken mehr.
Als ich Anfang September das Thema Titelverkäufe aus dem Management aufgriff, wusste ich noch nicht, dass auch bei Swissquote und Vontobel einigen Geschäftsleitungsmitgliedern noch rechtzeitig der Absprung aus den Aktien des eigenen Arbeitgebers gelingen würde (siehe Firmenlenker sind den Analysten eine Nasenlänge voraus vom 6. September)…
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