Technologie

Digital Wellbeing: Wirklich effektiv gegen Smartphone-Sucht?

Digital Wellbeing. Unter diesem Schlagwort versucht Google, seine Nutzer auf einen sparsameren Gebrauch des Smartphones aufmerksam zu machen. Doch klappt das wirklich? Ich habe für zwei Wochen den Selbsttest gemacht.

Neue Technologien bringen neue Möglichkeiten und können das Leben leichter machen. Sie kommen allerdings auch nicht ohne Kollateralschäden.

War es vor einigen Jahren noch die Computerspielesucht, die Eltern, Lehrern und Neurologen Kopfzerbrechen bereitete, hat sich durch die Verbreitung von Mobiltelefonen die Smartphone-Sucht etabliert.

Forscher weisen schon seit längerer Zeit drauf hin, dass auch Smartphones eine Art Droge sein können. Diese verändert nicht nur das soziale Verhalten ihrer Nutzer, sondern manipuliert Wahrnehmungen und beeinflusst Gefühle. Auch in diesem Fall sind vor allem junge Menschen gefährdet.

Als Anbieter der beiden dominierenden mobilen Betriebssysteme scheinen sich Google und Apple dieser Gefahr bewusst und haben die neuen Versionen von Android und iOS mit Funktionen ausgestattet, die dem Problem entgegenwirken sollen.

Die neuste Android-Version 9.0 (Pie) ist bereits auf einigen Smartphones verfügbar. Digital Wellbeing nennt Google das Feature, das allerdings bisher noch Besitzern des hauseigenen Pixel-Smartphones vorbehalten ist. Im Laufe der kommenden Monate werden dann weitere Smartphones mit Android 9.0 folgen.

Welche Features bietet iOS 12?

Bei der kürzlich erschienenen Version 12 seines iOS-Betriebssystems hat Apple in den Einstellungen ein neues Tool namens „Bildschirmzeit“ eingeführt.

Damit können Nutzer – ähnlich wie bei Googles Digital Wellbeing – grafisch aufbereitet nachvollziehen, wie lange sie telefoniert, wie viel Zeit sie in Apps verbracht und welche Apps die meisten Push-Nachrichten verschickt haben.

Darüber hinaus lassen sich bei iOS 12 sogenannte App-Limits einstellen, also zeitliche Beschränkungen für einzelne Apps. Dieses Feature ist auch praktisch für Eltern, die die Nutzungszeit ihrer Sprösslinge zeitlich begrenzen wollen.

Google sorgt für digitales Wohlbefinden

Als Android-Nutzer liegt mir das Google-Pendant zu Apples Ansatz natürlich näher. Daher habe ich über einen Zeitraum von zwei Wochen getestet, ob Google Wellbeing mir dabei hilft, meine Smartphone-Zeit (vor allem die überflüssige) signifikant zu reduzieren.

Vorausschicken muss ich den Hinweis, dass ich sowieso schon die Push-Nachrichten vieler Apps deaktiviert habe, wodurch das Optimierungspotenzial in diesem Bereich nicht außerordentlich groß ist – aber der Reihe nach.

Google Wellbeing wurde der Öffentlichkeit zum ersten Mal bei der diesjährigen Entwicklerkonferenz Google I/O gezeigt. Die vorliegende Version ist noch Beta. Man kann davon ausgehen, dass die Funktion in den kommenden Monaten weiter aufgebohrt wird.

Das Dashboard

Bevor Google Wellbeing aktiviert werden kann, muss zunächst eine Anmeldung beim BETA-Programm vorgenommen werden. Die Einladung erscheint dann nach kurzer Zeit. Nun kann die App aus dem Google Play Store heruntergeladen werden. Danach taucht die Funktion im Einstellungsmenü des Smartphones auf.

Grundsätzlich kommen bisher nur Besitzer eines Google Pixel in den Genuss von Google Wellbeing. Es existieren aber Workarounds für andere Smartphones mit Android 9.0 (Pie).

Das Dashboard bietet einen einfachen und übersichtlichen Überblick über die eigene Smartphone-Nutzung. So wird beispielsweise dargestellt, wie lange das Gerät insgesamt genutzt und wie viel Zeit in einzelnen Apps verbracht wurde.

So lassen sich die größten Zeitkiller gleich auf den ersten Blick ausmachen. Ich schaue zu dir rüber, Facebook!

Wie viel Zeit verbringen wir in welcher App? Mit Digital Wellbeing kannst du es herausfinden.

App-Zeiten limitieren

Nachdem die Zeitfresser identifiziert sind, können diese mit einem täglichen Limit versehen werden, wenn man es denn mit der Reduzierung tatsächlich ernst meint. Kurz vor Ablauf der Zeit wird eine Warnung eingeblendet und sobald die eingestellte Zeit abgelaufen ist, war es das mit der App für den Tag.

Sie lässt sich bis Mitternacht nicht mehr öffnen. Natürlich kann man jederzeit in die Einstellungen gehen und die Limitierung aufheben. Aber das wäre ein Eingeständnis des Scheiterns. Ich selbst habe die sozialen Netzwerke wie Facebook und Instagram mit App-Zeiten versehen und das klappt bisher auch ganz gut.

Wind Down

Ein weiteres Feature von Google Wellbeing ist „Wind Down“. Bei Wind Down entfernt die App zu eingestellten Zeiten alle Farben des Displays und zeigt nur noch Grautöne an, wodurch die Lust am ständigen Blick auf das Smartphone gebremst werden soll.

Psychologen haben in der Vergangenheit bereits darauf hingewiesen, dass vor allem die bunten Farben des Displays suchtartige Gefühle auslösen können. Einmal aktiviert lässt sich auch Wind Down nur noch über die App wieder deaktivieren – das Gefühl des Versagens inklusive.

Management von Push-Nachrichten

Hierbei handelt es sich eigentlich um eine bereits bestehende Funktion von Android, das bereits seit längerem über ein deutlich komfortableres Push-Nachrichten-Management als die Apple-Konkurrenz verfügt. Dennoch macht es Sinn, dieses Feature auch in Digital Wellbeing zu integrieren.

Die Einstellungsmöglichkeiten sind vielfältig. So lassen sich Push-Nachrichten für jede App komplett deaktivieren oder zu bestimmten Zeiten pausieren. Die Darstellung und Benachrichtigungstöne können ebenfalls granular angepasst werden.

Die Idee dahinter ist natürlich, dass Nutzer die Zahl der Benachrichtigungen reduzieren und damit seltener das Smartphone in die Hand nehmen.

Weniger Push-Nachrichten führen zu weniger Entsperrungen.

Fazit zum Digital Wellbeing

Zumindest im Testzeitraum von zwei Wochen kann ich sagen, dass ich deutlich seltener auf mein Smartphone geschaut habe. Das war auch das Ziel. Die Zeitlimits für soziale Netzwerke bleiben weiterhin bestehen und ich habe die bereits geringe Anzahl an Push-Nachrichten weiter gesenkt.

Wind Down habe ich aktuell zwar nicht mehr aktiviert, aber vielleicht passiert das in Zukunft wieder.

Ich finde es grundsätzlich positiv, dass Google und Apple sich an dieser Stelle nicht komplett aus der Verantwortung stehlen und ein entsprechendes Angebot machen. Auch wenn noch Raum für Verbesserungen besteht, ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

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