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Grippe im Anmarsch: Vom Hypochonder bis zum Verdränger – diesen Kranken begegnen wir sicher

So leiden Übertreiber: Ganz, ganz fest. Noch nie hatte ein Mensch auf dieser Welt eine schlimmere Erkältung. Und erst das Fieber, das müssen mindestens 41 Grad sein. Geräuschvoll und theatralisch husten und schneuzen sie sich durch den Tag. Übertreiber sitzen mit extra dickem Wollschal im Büro und warten nur darauf, dass jemand fragt, wie es ihnen geht. Natürlich müssen sie sich jetzt auch schonen, bei der Arbeit, aber vor allem zu Hause. Durch spontane Wunderheilung schaffen sie es aber immer gerade noch an die wichtige Sitzung oder Party.
So gesunden sie: Durch Schonung, nur ja keine ­Anstrengung mehr. Um ihr Leiden dem Umfeld unmissverständlich klarzumachen, trinken Übertreiber gerne für alle sichtbar Tee: Seht her, so schlecht geht es mir schon.
Das sagen sie: Kannst du die Sitzung morgen übernehmen. Ich liege dann bestimmt schwerkrank im Bett.
Das ist zu tun: Ihr Leiden ernst nehmen – aber nicht zu ernst.

So leiden Hypochonder: Sobald das Thermometer unter 20 Grad fällt, beginnen sie von der nächsten Grippewelle zu faseln. Bakterien und Viren sind ihre grössten Feinde, die Angst, krank zu werden, sitzt ihnen tagtäglich im Nacken. Öffentliche Verkehrsmittel meiden sie, Türen öffnen sie mit dem Ellenbogen, Begrüssungen fallen bei ihnen äusserst distanziert aus. Ihre Tastatur desinfizieren sie täglich – mehrmals.
So gesunden sie: Schüsslersalze, Immunpräparate, Grippeimpfung, Vitamin C in jeglicher Form, ständig rüsten sie ihr Waffenarsenal im Krieg gegen die Grippe auf. Das geht ins Geld, aber das ist es ihnen wert. Krank zu sein, ist für sie keine Option.
Das sagen sie: Wenn du hustest, bleib doch bitte zu Hause. Ich geb dir jetzt nicht die Hand, du warst doch vor drei Wochen so krank. Irgendwie zieht es hier so unangenehm, ich setze mich lieber mal weg.
Was zu tun ist: Ihre Ängste ernst nehmen, aber sich nicht auf Diskussionen einlassen. Mit Viren und Bakterien kennen sie sich am besten aus. In ihrer Nähe besser nicht husten, ja nicht einmal räuspern.
Das tun sie, wenn sie wieder gesund sind
Sie googeln seltene Krankheiten und wie man sich am besten vor diesen schützen kann.

So leiden Selbstisolierer: Ganz für sich, denn sie wollen niemanden anstecken. Wie ein krankes Tier trollen sie sich in ihre Höhle, um sich alleine die Wunden zu lecken. Niemand soll sie in diesem Zustand der Schwäche sehen. Allein der Pizzabote sichert ihr Über­leben.
So gesunden sie: Für solche Fälle haben sie einen grossen Vorrat an Taschentuch-Packungen, Halspastillen und Hustensaft im Schrank. Am allermeisten vertrauen sie aber auf die Selbstheilungskräfte ihres Körpers. «Da muss ich jetzt alleine durch.» Von Globuli halten sie aber gar nichts.
Das sagen sie: Was mich nicht umbringt, macht mich nur stärker. In diesem Zustand kann ich unmöglich vor die Türe. Ich sehe schrecklich aus.
Was zu tun ist: Es hat keinen Zweck, auf ihrer Türschwelle um Einlass zu betteln. Sie werden nicht aufmachen. Am besten schreibt man ihnen verständnisvolle und aufmunternde Nachrichten. So können sie auch ihre Stimme schonen.

So leiden Verdränger: Erst einmal gar nicht. Zumindest würden sie das nie, nie zugeben. Krank zu sein, ist etwas für Weicheier. Ihre Stimme ist nur noch ein Wispern, sie behaupten vom Fussballmatch letzte Woche noch etwas heiser zu sein. Ihr Husten macht Sitzungen praktisch unmöglich: «Ich hab mich nur verschluckt», röchelt der typische Verdränger. Ganz getreu dem Motto: «Man ist nur so krank, wie man sich fühlt», sitzen sie mit glasigen Augen im Büro und rotzen abends im Restaurant zehn Taschentücher voll: «Morgen ist das wieder weg.»
So gesunden sie: Da sie sich gar nicht krank fühlen, verhalten sie sich gerne offensiv ungesund. Kopfschmerzen werden mit Bier weggespült, Fieber in der Sauna noch erhöht. Und geht dann gar nichts mehr, wird ­Aspirin mit Kaffee gemischt und becherweise eingenommen.
Das sagen sie: Nein, ich muss nicht zum Arzt. Das geht gleich wieder weg. Das letzte Mal Fieber hatte ich, als ich drei Jahre alt war. Ich fühl mich super. Hat wer Taschentücher dabei?
Was zu tun ist: Verdränger muss man nach Hause schicken. Wenn nötig unter heftigsten Androhungen. Wenn das auch nicht hilft: Laptop und Badge wegnehmen, Mail-­Account sperren. Nur so werden sie die strikte Bettruhe einhalten. Ansonsten liegen sie Monate später mit einer verschleppten Lungenentzündung im Bett.

So leiden Zuwendungsbedürftige: Sie suhlen sich in ihrem Leid und möchten dabei auf keinen Fall allein gelassen werden. Gerade jetzt, wo sie sich doch sowieso schon elend fühlen, brauchen sie viel Liebe und Aufmerksamkeit.
So gesunden sie: Sie fallen zurück in eine Art Kinderschema. Ziehen sich dicke Wollsocken an, nehmen ihre Mahlzeiten nur noch im Bett ein, schauen den ganzen Tag rührselige Filme und irgendwer muss für sie diese Suppe kochen, die Mama früher immer gekocht hatte.
Das sagen sie: Sie teilen Freunden wie Arbeitskollegen mit, dass es ihnen gerade gaaanz schlecht geht und bedanken sich dann ganz überschwenglich über jede Gute-Besserungs-Nachricht.
Was zu tun ist: Kümmern, kümmern, kümmern. Tee ans Bett bringen, Suppe kochen. Im Büro Taschentücher reichen und Mandarinli schälen.

Quelle: luzernerzeitung.ch

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