Makroökonomie

«Branchen-Urgestein» nistet sich bei GAM ein

Einstieg eines bekannten amerikanischen Rivalen beim Vermögensverwalter GAM sorgt für Spekulationen – Nestlé muss mit spitzem Bleistift rechnen – Und: Leerverkäufer bei Sonova am Ziel angelangt.cash Insider

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Der Vermögensverwalter GAM hat sich in eine ziemlich ungemütliche Lage hineinmanövriert. Nach der Suspendierung des Investment Managers Tim Haywood – er galt bis dahin als einer der Besten seines Fachs – und der Liquidation des von ihm geführten Flagschifffonds zogen Kunden im dritten Quartal Vermögen in zweistelliger Milliardenhöhe ab. Branchenbeobachtern zufolge setzte sich der Vermögensabfluss im Oktober fort. Die Rede ist von weiteren ein bis zwei Milliarden Franken.

Das hält Mario Gabelli allerdings nicht davon ab, sich über seine Vermögensverwaltungsgesellschaft GAMCO mit 3,02 Prozent bei GAM einzunisten. Wie einer Offenlegungsmeldung an die Schweizer Börse SIX entnommen werden kann, hält der amerikanische Multimillionär 1,65 Prozent der Stimmen in der Aktie selbst. Die Differenz lässt sich mit Derivaten, vermutlich mit geschriebenen Put-Optionen, erklären.

Schon seit Tagen scheren die GAM-Aktien immer wieder nach oben aus (Quelle: www.cash.ch)

Wie mir erzählt wird, gilt der 76-jährige Gabelli als ein „Branchen-Urgestein“. Ausserdem sei er bekannt dafür, nicht gerade zimperlich mit seinen Partnern umzugehen, so heisst es weiter. Was das auch immer heissen mag.

Über die Beweggründe, die zur Beteiligungsnahme führten, lässt sich vorerst bloss spekulieren. Das Aktienpaket könnte strategischer Natur sein, ebensogut aber auch nur rein finanziellen Charakter haben. Sollte der neue Grossaktionär sein Paket weiter erhöhen, liesse das auf ersteres schliessen. Spätestens dann hätten die Leerverkäufer wohl ein Problem. Denn wie Erhebungen der Beratungsfirma IHS Markit vermuten lassen, liefen Ende Oktober Wetten in Höhe von rund 10 Prozent aller ausstehenden Aktien gegen GAM.

Angeblich liefern sich Unilever und Nestlé ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Horlicks. Mittlerweile ist von bis zu 5 Milliarden Dollar die Rede, die das zum Verkauf stehende Tochterunternehmen der britischen GlaxoSmithKline einbringen könnte. Das würde auch erklären, weshalb mit Coca-Cola ein erster finanzkräftiger Interessent angeblich auf der Strecke blieb.

Etwas zurückhaltender gibt sich der für die MainFirst Bank tätige Alain-Sebastian Oberhuber. Er geht davon aus, dass die auf Malzgetränke spezialisierte Horlicks für gut 4 Milliarden Dollar über die Ladentheke geht. Das entspräche mehr als dem Fünffachen des Jahresumsatzes und nicht weniger als dem Dreissigfachen des operativen Gewinns (EBIT).

Zur Erinnerung: Als Pfizer das Geschäft mit nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten zum Verkauf brachte, stieg Nestlé vorzeitig aus dem Bieterrennen aus. Wie heute bei Horlicks war auch damals von (zu) hohen Preisvorstellungen die Rede.

Oberhuber selbst wäre überrascht, sollte Nestlé das Fünffache des Jahresumsatzes oder mehr für das Tochterunternehmen von GlaxoSmithKline zu bezahlen bereit sein.

Allerdings steht Konzernchef Mark Schneider zusehends unter Druck aus dem Aktionariat. Der amerikanische Milliardär Dan Loeb – er hält über seinen Hedgefonds Third Point rund 1,3 Prozent – geizt genausowenig mit Kritik wie der Finanzinvestor Artisan Partners. Den beiden amerikanischen Grossinvestoren geht der Konzernumbau zu langsam voran. Die Kritik richtet sich allerdings weniger an die Adresse Schneiders, als vielmehr an jene seines Vorgängers und heutigen Verwaltungsratspräsidenten Paul Bulcke.

Bleibt aus Sicht aller Nestlé-Aktionäre zu hoffen, dass man sich am Hauptsitz in Vevey nicht zu teuren Abenteuer drängen lässt und auch im Übernahmerennen um Horlicks mit dem gewohnt spitzen Bleistift rechnet.

Als der Hörgerätehersteller Sonova heute am frühen Morgen mit einem enttäuschenden Halbjahresergebnis aufwartete, rechneten einige Beobachter schon mit dem Schlimmsten. Dass sich die Aktien des Weltmarktführers inzwischen fangen konnten, ist nicht zuletzt der beibehaltenen Zielvorgaben zu verdanken – wurde im Vorfeld doch sogar auf eine Reduktion der Vorgaben für den operativen Gewinn (EBITA) spekuliert.

Der amerikanischen Investmentbank J.P. Morgan zufolge wetteten ausländische Leerverkäufer zuletzt mit 4 Prozent der ausstehenden Aktien gegen Sonova. Das entspricht immerhin rund sechs durchschnittlichen Tagesvolumen.

Aufstieg und Fall der Sonova-Aktien über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)

Meines Erachtens sind die Leerverkäufer beim bedrängten Weltmarktführer aus Stäfa am Ziel angelangt. Tiefere Kurse würden entweder ein Vorbeischrammen an den diesjährigen Zielvorgaben oder aber einen erneut schwächeren Aktienmarkt voraussetzen. Zumindest ersteres klärt sich frühestens anlässlich der Veröffentlichung des Jahresergebnisses von Ende Mai nächsten Jahres auf. Und bis dahin kann noch so einiges passieren…

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