Der cash Insider berichtet von einer unerwarteten Verkaufsempfehlung seitens der UBS – Trittbrettfahrer verspekulieren sich bei Comet – Und: Leerverkäufer beim Backwarenhersteller Aryzta im Freudentaumel.cash Insider
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Über was für eine Marktmacht die Grossbank UBS verfügt, zeigte sich, als Analyst Joern Iffert im September letzten Jahres die Aktien von Ascom von „Neutral“ auf „Buy“ heraufstufte. Im Zuge der Kaufempfehlung schossen die Kurse beim Telekommunikationskonzern aus Bern um fast 8 Prozent nach oben und näherten sich schon wenige Tage später dem Zwölf-Monate-Kursziel von 24 Franken.
Nach der Neuausrichtung zu einem Nischenanbieter auf dem Gebiet von Kommunikationslösungen für Spitäler rechne er bei Ascom auf Jahre hinaus mit einem prozentual zweistelligen Gewinnwachstum, so die einleuchtende Begründung.
Wer dieser Empfehlung damals Folge leistete, bekommt heute eine eiskalte Dusche verpasst: Denn völlig überraschend vollzieht Iffert eine Kehrtwende und stuft die Aktien des Telekommunikationskonzerns von „Buy“ auf „Sell“ herunter. Gleichzeitig streicht er das Zwölf-Monate-Kursziel auf 13 Franken zusammen.
Kursentwicklung der Aktien von Ascom seit unmittelbar vor der damaligen Kaufempfehlung durch die UBS. (Quelle: www.cash.ch)
Die Wachstumsaussichten hält der Analyst zwar auch weiterhin für intakt. Er rechnet allerdings nur mit langsamen Gewinnfortschritten und warnt in diesem Zusammenhang vor zu hohen Erwartungen an das Unternehmen. Lange Rede, kurzer Sinn: Iffert wartet auf günstigere Einstiegsgelegenheiten. Angesichts des aktuellen Kursniveaus von rund 15 Franken kommt diese Einsicht doch ziemlich spät.
Am Beispiel von Ascom zeigt sich eindrücklich, wie rasch eine von Analysten hochgejubelte Aktie in Ungnade fallen kann. Ich will Analysten wie Iffert allerdings nicht alleine die Schuld geben und nehme das Unternehmen ebenfalls in die Verantwortung. Schon seit Jahren weckt es immer wieder hohe Erwartungen, nur um diese dann doch enttäuschen zu müssen.
Die Freude der Aktionäre von Comet an dreistelligen Kursen hielt nicht lange. Der Halbleiterzulieferer aus dem freiburgischen Flamatt sieht sich erneut gezwungen, die diesjährigen Zielvorgaben mit dem Rotstift zu überarbeiten.
Beim Jahresumsatz buchstabiert das Unternehmen von 440 bis 460 Millionen Franken auf 430 bis 440 Millionen Franken zurück, bei der operativen Marge (EBITDA) gar von 10 bis 12 Prozent auf 7 bis 9 Prozent.
Als Folge davon müssen die Analysten ihre diesjährigen Gewinnschätzungen prozentual zweistelligen Abwärtsanpassungen unterziehen und aufgrund der tieferen Ausgangsbasis auch jene für die nächsten Jahre kürzen.
Anzeichen dafür, dass sich die Investitionsbereitschaft in der für Comet wichtigen Halbleiterindustrie weiter abgeschwächt hat, gab es schon länger.
Deshalb war ich ziemlich erstaunt, als der für seine aktive Einflussnahme bei Unternehmen bekannte Vermögensverwalter Veraison Anfang September mit 3,16 Prozent einstieg und seine Beteiligung daraufhin kräftig auf 7,29 Prozent ausbaute (siehe auch Kauft ein Grossaktionär bei Comet kräftig zu? vom 18. Oktober).
Das Nachsehen haben nun auch die unzähligen Trittbrettfahrer, die sich in Erwartung grösserer Veränderungen ebenfalls beim Halbleiterzulieferer einkauften. Sie werden nun für die eigene Ideenlosigkeit bestraft. Wie gewonnen, so zerronnen.
Spätestens der diesjährige Investorentag in zwei Wochen wird zeigen, ob es aus Sicht der Trittbrettfahrer richtig war, sich blindlings ins „Abenteuer Comet“ zu stürzen.
Als der hochverschuldete Backwarenhersteller Aryzta gestern um 10 Uhr zur ausserordentlichen Generalversammlung lud, war eine Annahme der umgerechnet gut 900 Millionen Franken schweren Kapitalerhöhung alles andere als sicher.
Gleich mehrere namhafte Aktionäre hatten im Vorfeld ihren Widerstand gegen die geplante Ausgabe neuer Aktien angekündigt, unter ihnen der spanische Vermögensverwalter Corbas. Doch obwohl gestern alleine der grösste Einzelaktionär gut einen Viertel der anwesenden Stimmen stellte, sprach sich letztendlich eine knappe Mehrheit der 272 Teilnehmer für eine Kapitalerhöhung aus – mit verheerenden Folgen für die Aktien von Aryzta. Sie gingen um satte 20 Prozent tiefer aus dem Handel.
Anders als die langjährigen Aktionäre des Backwarenherstellers hatten die Leerverkäufer gestern allen Grund zum Feiern. Denn auf eine alte Aktie kommen nicht weniger als 10 neue Aktien. Ich gehe alleine schon deshalb davon aus, dass viele der langjährigen Aktionäre nicht im vollen Umfang neue Aktien zeichnen und sich zumindest von einem Teil ihrer Bezugsrechte trennen. Mit einem solchen Verkauf spielen sie wiederum den Leerverkäufern in die Hände, die dann ihre Wetten gegen Aryzta gewinnbringend über die Bezugsrechte schliessen können.
Dem Beratungsunternehmen IHS Markit zufolge wurde Ende Oktober mit fast 18 Prozent der ausstehenden Aktien gegen den Backwarenhersteller spekuliert. Das sind 11 Prozent mehr als noch einen Monat zuvor.
Totalabsturz der Aryzta-Aktien über die letzten zwölf Monate. (Quelle: www.cash.ch)
Neben den Leerverkäufern sind übrigens auch die kreditgebenden Banken sowie die Anleihengläubiger die Gewinner der anlaufenden Bilanzsanierung. Nach deren Abschluss sind sie nämlich frei raus.
Seit nahezu zwei Jahren warne ich eindringlich davor, dass Aryzta nicht darum herum komme, in den sauren Apfel einer stark verwässernden Kapitalerhöhung zu beissen. Seit gestern ist letztere beschlossene Sache. Alleine seit Jahresbeginn ist der Börsenwert des Backwarenherstellers um fast 80 Prozent geschmolzen.
Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich mit meinen Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2018 in den letzten Wochen ziemlich schief lag (siehe Viele Höchstkurse werden wir so schnell nicht wieder sehen von gestern). Was bleibt, ist Demut meinerseits und die Erkenntnis, dass meine Gabe offenbar vor allem darin besteht, rechtzeitig vor absturzgefährdeten Aktien zu warnen.
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