Makroökonomie

Leerverkäufer greifen Nestlé und ABB an

Der cash Insider kommentiert die neusten Veränderungen bei den Leerverkäufen gegen die in New York gehandelten Aktien aus dem SMI – Und: Nestlé nach dem Rücktritt der Asien-Chefin im Zentrum von Spekulationen.cash Insider

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Noch bis vor wenigen Wochen galten die Leerverkäufer als eine vom Aussterben bedrohte Spezies. Nicht nur am Schweizer Aktienmarkt, auch bei den in New York gehandelten Titeln hiesiger Grosskonzerne wurde Jagd auf sie gemacht.

Angesichts der zuletzt rückläufigen Kurse lassen die Leerverkäufer allerdings wieder ihre Muskeln spielen. In New York haben sich die Wetten gegen den Nahrungsmittelhersteller Nestlé innerhalb von gerade mal zwei Wochen mehr als verdoppelt.

Zugegeben, das hört sich erst einmal beeindruckender an, als es in Wirklichkeit ist. Zumindest in der Schweiz liessen sich die 364’000 leerverkauften Aktien innerhalb weniger als einer Stunde wieder eindecken. Überzeugung sieht anders aus, obschon die Qualität der am vergangenen Donnerstag veröffentlichten Neunmonatsumsatzzahlen kein gutes Licht auf Nestlé wirft (siehe Qualität der Nestlé-Zahlen wirft Fragen auf vom 18. Oktober).

Bei ABB müssen sich die Leerverkäufer hingegen noch ein paar Tage in Geduld üben. Der Industriekonzern aus Zürich informiert die Weltöffentlichkeit erst am kommenden Donnerstag über die Geschäftsentwicklung im zurückliegenden dritten Quartal.

Zumindest in New York sitzen die Leerverkäufer noch immer fest im Sattel. Mit 6,05 Millionen American Deposit Receipts (ADRs) spekulieren sie bei ABB auf rückläufige Kurse.

Auf Zwölf-Monate-Sicht befinden sich die ABB-Aktien in einem Stimmungstief. (Quelle: www.cash.ch)

Selbst ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg, wonach die Grossbank Credit Suisse mit der Prüfung einer Abspaltung des Stromnetzgeschäfts betraut wurde (siehe Nehmen die Umgestaltungspläne bei ABB Form an? vom 18. Oktober), reichte nicht aus, um die Leerverkäufer aus der Reserve zu locken.

Auch gegen Swiss Re und Credit Suisse laufen wieder umfassendere Wetten als noch vor wenigen Wochen. Beim Rückversicherungskonzern wird mit 397’000 ADRs auf rückläufige Kursnotierungen spekuliert, bei der kleineren der beiden Schweizer Grossbanken mit 2,91 Millionen Aktien. Das sind 13 beziehungsweise 11 Prozent mehr als zwei Wochen zuvor.

Am Freitag gab Swiss Re bekannt, dass die zahlreichen Naturkatastrophen im dritten Quartal mit 1,4 Milliarden Dollar zu Buche schlagen. Darin noch nicht enthalten sind die vom Wirbelsturm „Michael“ verursachten Schäden. Diese fliessen ins Schlussquartal. An der Börse fiel die Reaktion überraschend besonnen aus, beendeten die Aktien des Rückversicherungskonzerns aus Zürich den Freitag doch sogar mit Kursgewinnen.

Auf dem Rückzug befinden sich die Leerverkäufer hingegen bei Roche und Novartis. Die Wetten gegen Roche wurden innerhalb von zwei Wochen um 9 Prozent auf 840’000 ADRs und jene gegen Novartis um 16 Prozent auf 2,02 Millionen ADRs verringert. Wie aus mehreren voneinander unabhängigen Quellen zu hören ist, nutzten die Leerverkäufer den Derivatverfall vom Freitag, um ihre Wetten weiter auszudünnen. Gar von einer Kapitulation war bei den drei Indexschwergewichten Nestlé, Roche und Novartis die Rede. Ein bisschen Schadenfreude kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen…

Als der frühere Nestlé-Chef Paul Bulcke erstmals Ambitionen auf das Verwaltungsratspräsidium hegte, galt Wan Ling Martello als die naheliegendste Nachfolgerin. Doch es sollte anders kommen: Mit Mark Schneider setzte der Verwaltungsrat jemanden von ausserhalb an die Spitze des Nahrungsmittelherstellers aus Vevey.

Nun verlässt die Asien-Chefin ihren langjährigen Arbeitgeber auf eigenen Wunsch, wie am Donnerstag am Rande der Veröffentlichung der Neunmonatsumsätze vom Donnerstag zu erfahren war.

Ein herber Verlust für Nestlé, erfreut sich Martello in der Finanzgemeinde doch bis heute grosser Beliebtheit. Nicht ohne Grund: Denn alleine ihr ist zuzuschreiben, dass die Region in den letzten Jahren wieder in die Spur zurückfand. Ausserdem gilt Martello – dank ihren externen Mandaten beim Onlinehändler Alibaba sowie beim Fahrdienst Uber – als Spezialistin auf dem Gebiet der Digitalisierung.

Ihr Entscheid, sich neuen Herausforderungen zu stellen, zieht an der Börse verständlicherweise Spekulationen nach sich. Beobachter sehen sich gar darin bestätigt, dass dem Nahrungsmittelhersteller jetzt erst recht ein radikaler Umbau bevorsteht.

Seit wenigen Tagen haben die Aktien von Nestlé wieder Auftrieb. (Quelle: www.cash.ch)

Der Entscheid Martellos könnte allerdings auch einen sehr viel unspektakuläreren Grund haben: Denn noch immer ist der Rivale Unilever auf der Suche nach einem neuen Konzernchef. Wenn es beim langjährigen Arbeitgeber nicht für den Chefposten reichen sollte, dann ja vielleicht beim zukünftigen…

Alleine schon die mässige Qualität der Quartalsumsätze deutet an, dass auf Schneider bei Nestlé eine ganze Menge Arbeit wartet (siehe Qualität der Nestlé-Zahlen wirft Fragen auf vom 18. Oktober).
 

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