Ausland

Erneut Gewalt bei ‚Gelbwesten‘-Demos in Frankreich

Proteste der „Gelbwesten“ mit Krawallen und Ausschreitungen haben Frankreich am Wochenende erneut in Atem gehalten. Paris glich am Samstag einer Stadt im Belagerungszustand. Viele Geschäfte und Touristenattraktionen – wie der Eiffelturm – blieben geschlossen. Autos brannten, Läden wurden geplündert. Auch in anderen Städten wie Bordeaux und Toulouse eskalierte die Gewalt. Landesweit waren weit mehr als 100 000 Demonstranten auf den Strassen.

Angesichts der andauernden Proteste gerät Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron immer stärker unter Druck. Vertreter der „Gelbwesten“, der Opposition und der Stadt Paris forderten Antworten des Präsidenten. Regierungssprecher Benjamin Griveaux kündigte eine Stellungnahme Macrons für den Beginn der Woche an.

Am Samstag waren allein in Paris mindestens 10 000 Menschen auf die Strasse gegangen. Die Polizei setzte Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse gegen Demonstranten und Randalierer ein. Im ganzen Land wurden Autobahnen blockiert, in verschiedenen Städten lieferten sich Demonstranten Strassenschlachten mit der Polizei.

Landesweit wurden nach Angaben des Innenministeriums mehr als 1700 Menschen festgenommen. 1220 Menschen kamen in Gewahrsam – das heisst, sie können nach französischem Recht im Regelfall bis zu 24 Stunden festgehalten werden, etwa weil sie im Verdacht stehen, eine Straftat begehen zu wollen. Mehr als 250 Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt, darunter rund drei Dutzend Sicherheitskräfte. Bei Polizisten und Gendarmen ist die Zahl der Verletzten damit im Vergleich zu den jüngsten Protesten deutlich gesunken: Nach Angaben von Innenminister Christophe Castaner hatte es in ihren Reihen am 1. Dezember 284 Verletzte gegeben – rund siebenmal so viele wie jetzt.

Die Protestbewegung der „Gelben Westen“ hatte sich Mitte November angesichts geplanter Steuererhöhungen auf Kraftstoffe formiert. Dieses Vorhaben hat die Mitte-Regierung wegen der wochenlangen Proteste mittlerweile auf Eis gelegt. Die Forderungen der Demonstranten reichen heute jedoch viel weiter – von Steuersenkungen über mehr Kaufkraft bis zum Rücktritt von Macron.

Paris glich am Samstag einer Trutzburg: Erstmals waren im Zuge der „Gelbwesten“-Proteste gepanzerte Fahrzeuge in der Hauptstadt unterwegs, um Barrikaden zu räumen. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten blieben geschlossen, Schaufenster wurden mit Holzplatten gegen Vandalismus geschützt. An mehreren Dutzend Stationen hielt die Metro auf Geheiss der Polizei nicht.

„Das Niveau der Gewalt war schwächer – dank der Professionalität unserer Sicherheitskräfte“, sagte Griveaux am Sonntag dem Sender BFMTV. Das Aufgebot an Polizisten und anderen Ordnungskräften war nach den Ausschreitungen der Vorwoche massiv aufgestockt worden. Nach Angaben des Innenministeriums waren landesweit 120 000 Polizisten, Gendarmen und Feuerwehrleute im Einsatz.

An diesem vierten Wochenende mit landesweiten Protesten kontrollierten die Sicherheitskräfte in Paris systematisch Taschen und die Identität der Demonstranten, sie zogen potenzielle Gewalttäter auch schon vor Beginn der Proteste aus dem Verkehr. Die Zeitung „Le Parisien“ bilanzierte: „Dieses Mal hat das Chaos nicht triumphiert.“

Grund zum Jubeln ist das aus Sicht der Stadt Paris aber kaum. „Das Spektakel, das Paris abgeliefert hat, ist katastrophal“, sagte Emmanuel Grégoire, Beigeordneter der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, am Sonntag dem Sender France Inter. „Die Gewalt war zwar weniger radikal, aber die Schäden sind wahrscheinlich noch schwerwiegender als eine Woche zuvor.“ Der von der Gewalt betroffene Teil der Stadt sei viel grösser gewesen als in der Vorwoche. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sprach vor Journalisten von einer „Katastrophe für den Handel“, einer „Katastrophe für unsere Wirtschaft“.

Auch in Brüssel im Nachbarland Belgien war es zu Protesten gekommen. Nach Angaben der Polizei wurden am Samstag rund 400 Menschen festgenommen. Vor allem im Europaviertel kam es zu Zusammenstössen von Demonstranten mit der Polizei. Insgesamt hätten sich rund 1000 Menschen an den Protesten beteiligt, hiess es.

Quelle: AWP

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