Die Abstimmung über das Brexit-Abkommen im britischen Parlament ist verschoben worden. Das sagte Premierministerin Theresa May am Montag vor den Abgeordneten und bestätigte damit Medienberichte.
Arg in Bedrängnis: die britische Premierministerin Theresa May.Bild: Bloomberg
Der Termin war ursprünglich für Dienstagabend angesetzt. Es galt jedoch als nahezu aussichtslos, dass die Abgeordneten im Unterhaus ihre Zustimmung zu dem Deal geben. Mit der kurzfristigen Verschiebung könnte Premierministerin Theresa May möglicherweise versuchen, Zeit zu gewinnen, um mit Brüssel nachzuverhandeln.
Die EU-Kommission lehnt Nachverhandlungen des Brexit-Vertrags mit Grossbritannien aber nach wie vor kategorisch ab. „Dieser Deal ist der beste Deal und der einzige mögliche Deal“, bekräftigte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. „Wir werden die Vereinbarung, die jetzt auf dem Tisch liegt, nicht nachverhandeln.“ Die EU-Kommission gehe davon aus, dass Grossbritannien die EU wie angekündigt am 29. März verlassen werde.
Keine Mehrheit im Parlament
Etwa 100 der 315 Abgeordneten aus Mays Konservativer Partei hatten angekündigt, das vorliegende Brexit-Abkommen nicht zu unterstützen. Viele von ihnen fürchten eine zu starke Bindung an die EU. Auch die nordirische DUP, auf deren zehn Stimmen Mays Regierung im Parlament angewiesen ist, kündigte Widerstand an. Sie lehnt Sonderregelungen für Nordirland ab. Von der Opposition darf sich May ebenfalls keine Unterstützung erhoffen. May braucht mindestens 320 Ja-Stimmen, um den Deal sicher durch das Parlament zu bringen.
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon bezeichnete die erwartete Entscheidung, die Abstimmung zu verschieben, am Montag als „erbärmliche Feigheit“. Die konservative Regierungspartei stelle damit ihre eigene Interessen über die des Landes, so Sturgeon. Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, forderte May auf, entweder beim Abkommen nachzuverhandeln oder eine Neuwahl auszurufen. „Wir haben keine funktionierende Regierung“, sagte Corbyn einer Mitteilung zufolge.
Rückzieher vom Austritt möglich
Neben Nachverhandlungen mit Brüssel fordern einige Kritiker von Mays Brexit-Abkommen im Parlament auch ein zweites Brexit-Referendum. Beim ersten Referendum 2016 hatte sich nur eine knappe Mehrheit der Briten für die Loslösung von der Europäischen Union ausgesprochen. Unklar ist aber, welche Fragen den Briten dann vorgelegt werden könnten.
Ein Rückzieher vom Brexit ist zumindest theoretisch möglich. Die Schwelle dafür ist niedriger als gedacht, wie aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg hervorgeht. Grossbritannien könnte demnach den Brexit einseitig und ohne Zustimmung anderer EU-Länder stoppen.
Quelle: AWP